17.

Nach der Arbeit kam Jahne erschöpft nach Haus. Fast allabendlich rief Pete an und hat vorbeikommen zu dürfen. Er war lieb und hilfsbereit, schlief mit ihr, hielt sie in seinen Armen. All das brauchte sie. Doch mehr Gemeinsamkeiten gab es nicht. Pete konnte nur über Fernsehsendungen reden, die er gerade gesehen hatte. Er stellte den Apparat auch stets an, sobald er eintraf. Pete war wohltuend wie ein warmes Bad und ebenso anregend. Kein Vergleich mit Sam.

Tatsächlich hatte sie sich mit Pete aus völlig falschen Gründen eingelassen: aus Langeweile und Einsamkeit. Sie hatte sich benommen, wie es sonst Männer tun. Irgendwie mußte sie das in Ordnung bringen. Sonst zahlte der arme Pete eines Tages einen bitteren Preis dafür.

Als das Telefon klingelte, seufzte Jahne. Wie gefürchtet, rief Pete an.

»Jahne?«

»Ja.« Sie unterdrückte den Seufzer.

»Darf ich mal rüberkommen?«

»Ich bin wahnsinnig müde, Pete.«

»Genau wie ich. Diese Außenaufnahmen setzen einem ganz schön zu. Ich wollte auch nur kurz bleiben. Doch ich glaube, wir müssen uns unterhalten.«

Pete wollte sich unterhalten? Das verblüffte Jahne. Sie stimmte also zu. Zehn Minuten später stand er vor ihrer Tür. Diesmal setzte Pete sich nicht neben sie auf das Sofa, sondern blieb stehen. »Jahne, ich bin kein Einstein, aber ich glaube, ich habe begriffen. Du willst bei den Aufnahmen nicht mit mir sprechen. Das kann ich verstehen. Außerdem bin ich dir für den Job dankbar. Doch mein Dad hat mir das so erklärt: Du wirst mit Three for the Road einen irren Erfolg haben und brauchst keinen Techniker, der dir nachläuft. Da kannst du bessere als mich haben.«

Jahne schwieg. Pete war ein lieber Kerl, sexy und freundlich. Wie sollte sie ihm klarmachen, daß nicht seine Stellung den Ausschlag gab, sondern sein Alter? Wie durfte sie ihn mit reinem Gewissen bitten, bei ihr zu bleiben, wenn es nur ihrer eigenen Bequemlichkeit diente?

Leider liebte Pete sie auf seine tolpatschige Art. Es lag schon eine halbe Ewigkeit zurück, daß Jahne geliebt worden war, darum neigte sie dazu, das zu vergessen. Doch wen liebte er? Einen neukonstruierten Körper, ein bildschönes, künstliches Gesicht. Und näher kannte er sie ja nicht.

»Vielleicht hast du recht«, antwortete sie und ließ ihn gehen.

Jahne hatte nie viel über Geld nachgedacht. Sie hatte ja auch nie so viel besessen, daß das Nachdenken darüber gelohnt hätte — bis nach dem Tod ihrer Großmutter.

In New York hatte sie sich immer eingeschränkt. Mit Wohnung, Kleidung und mit dem Essen. Denn etwas anderes kannte sie ja von klein auf nicht.

Nun aber begann das Geld zu Jahne zu rollen. Der erste Scheck war der von Flanders Cosmetics. Jahne mochte diesen Werbeauftrag nicht. Doch sie hatte den Vertrag unterzeichnen müssen, um die Rolle zu bekommen. Zudem hatte sie sich nur auf ein Jahr verpflichtet, nicht auf drei, wie man eigentlich gewünscht hatte. Nach Erhalt des Geldes überwies Jahne als erstes das, was sie Dr. Moore noch schuldete. Trotz Steuern, Sys Agentenhonorar und Notarkosten blieben ihr noch neunzigtausend Dollar übrig.

Als Jahne ihren ersten Gehaltsscheck in Händen hielt, fast fünfzigtausend Dollar, erschlug sie die Summe fast. Bei der Vertragsunterzeichnung in Sys Büro hatte sie erfahren, daß sie dreiunddreißigtausend Dollar pro Folge erhalten würde.

Nun hielt sie den Bankauszug mit dem Kontostand des letzten Monats in Händen und konnte es gar nicht fassen, daß sie zweihundertsiebzehntausendsechshundert Dollar auf der Bank hatte. Das aber war nur der Anfang, wie sie wußte. Obwohl die Serie noch nicht ausgestrahlt worden war, hatte Sy Ortis ihr schon verschiedene neue Drehbücher zur Beurteilung geschickt. Es handelte sich um schlechte Kurzsendungen, doch keine davon brachte weniger als zweihundertfünfzigtausend Dollar ein. Eine Viertelmillion Dollar für fünf Wochen Arbeit. Trotz aller Anstrengungen hatte Jahne es in New York nie über fünfunddreißigtausend im Jahr gebracht.

Ortis wollte auch mit ihr über einen Werbevertrag für Lederkleidung, Jeans und — verrückt aber wahr — Tapeten sprechen, ganz zu schweigen von Three für the Road-Puppen, so eine Art Barbie auf dem Motorrad. Obwohl Jane nicht die Absicht hatte, sich auf solchen Blödsinn einzulassen, lief es doch darauf hinaus, daß sie auf eine Geldader gestoßen war, die noch eine ganze Weile ergiebig sein konnte. Es ließ sich kaum verkraften. Alles nur wegen ihres Aussehens? Jahnes Verschönerung hatte nur fünfzehn Prozent ihres bisherigen Einkommens gekostet. Gab es eine bessere Rendite auf eine Geldanlage?

Nach den vielen mageren Jahren kamen ihr einige fette Jahre durchaus gelegen. Doch wie kamen die Schauspieler zurecht, die niemals so hatten kämpfen müssen wie Jahne?Wenn sie schon früh entdeckt wurden und Erfolg gehabt hatten, schätzten sie häufig nicht, was ihnen da in den Schoß fiel, griffen zu Drogen, lebten im Luxus und steuerten nicht selten in den Bankrott.

Jahne beschloß, einen Scheck an den Pastor der Kirche zu schicken, in der sie jahrelang ihren Theater-Workshop unterhalten hatten. Zehntausend Dollar bedeuteten ihm viel und Jahne praktisch nichts.

Sie erinnerte sich auch an ihre jugendlichen Qualen in Scuderstown, wenn sie sich im Spiegel betrachtete und immer aufs neue erkennen mußte, wie häßlich sie aussah. Nun war sie schön. Welch schrecklichen Schaden mußte die Seele nehmen, wenn man mit Missbildungen zur Welt kam!

Die Last des Geldes wurde für Jahne leichter, als sie einen Scheck über einhunderttausend Dollar ausschrieb und eine kurze Notiz an Dr. Moor hinzufügte:

Lieber Brewster,

Sie haben mir gegenüber einmal erwähnt, daß eine mobile Interplast-Einheit in einem Monat 20000 Dollar kosten würde. Ich lege einen Scheck für fünf solcher Einheiten ein, in der Hoffnung, damit einigen Ihrer Kinder helfen zu können. Ihre dankbare Freundin Jahne Moore.

Die schoenen Hyaenen
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